Impulsvorträge „Nachwuchsförderung durch Forschung“: MFA / ÄiW / Studierende
Das Hausärztliche Forschungspraxennetz Nordrhein-Westfalen (HAFO.NRW) war am 23./24. November 2023 Gastgeber des DESAM-ForNet Forschungssymposiums in Düsseldorf.
Als Einstieg in die anschließende Gruppenarbeit wurde die Nachwuchsförderung durch Forschung in der Hausarztpraxis aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.
Sabine Weißbach (Ruhr-Universität Bochum, HAFO.NRW) und Prof. Dr. Bernd Hemming (Fliedner Fachhochschule Düsseldorf) stellten die MFA in den Vordergrund.
Prof. Dr. Marco Roos (Universität Augsburg, BayFoNet) und Dr. Kathrin Schlößler (Ruhr-Universität Bochum, HAFO.NRW) sprachen zu ÄiW.
Prof. Dr. Michael Pentzek (Universitätsklinikum Essen, HAFO.NRW) und Dr. Karen Voigt (TU Dresden, SaxoForN) fokussierten auf Medizinstudierende.
Impulsvortrag und Podiumsdiskussion
Impulsvortrag
Prof. Dr. Jutta Bleidorn (Deutsche Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin)
“Forschung “aus der Praxis, für die Praxis” – ein Benefit für Nachwuchs in der Hausarztpraxis”
Podiumsdiskussion
Dr. Karin Richter
Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen
„Versorgungsforschung und allgemeinmedizinische Forschung ist nicht nur ein Schlüssel zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung sondern kann auch zur Attraktivitätssteigerung des Arbeitsplatzes „Hausarztpraxis“ für alle Berufsgruppen beitragen.“
Hannelore König
Präsidentin Verband medizinischer Fachberufe e.V.
“Medizinische Fachangestellte (MFA) übernehmen schon jetzt ärztliche Leistungen, dokumentieren und verwalten die Daten der Versicherten. Ihre Rolle in den Teams auch wissenschaftlich zu begleiten und zu stärken, ist uns wichtig.”
Elke Cremer
Hausärzteverband Nordrhein
“HausärztInnen sind mit ihren Praxis-Teams erste Ansprechpartner ihrer PatientInnen und leisten den wesentlichen Teil einer primären Gesundheitsversorgung. Hausärztliches Wissen und Erfahrung sind die Basis für eine wissenschaftlich fundierte und evidenzbasierte primärärztliche Versorgung.“
Olaf Tkotsch
Ärztekammer Nordrhein
„Die ärztliche Weiterbildung sollte auch von Hausärzten als Standortfaktor verstanden werden, um medizinischen Nachwuchs zu gewinnen. Weiterbildung, Hausarztmedizin und Forschung können sich hier ergänzen.“
Prof. Dr. Marco Roos
Universität Augsburg, BayFoNet
„Hausärztliche Praxis basiert, neben der Kenntnis des individuellen biopsychosozialen Umfelds der Patient:innen, entscheidend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Für Ärzt:innen in Weiterbildung kann die Allgemeinmedizin ein attraktives Angebot machen.“
Prof. Dr. Bernd Hemming
Fliedner Fachhochschule Düsseldorf
„Wer in der Praxis forschen will braucht Zeit und ein kompetentes Team. Physician Assistants haben im Studium wissenschaftliches Arbeiten gelernt. Sie sind eine ideale Ergänzung für das Team in den forschenden Praxen.“
Dr. Markus Krause
Universität Jena, RESPoNsE
„Ich bin überzeugt davon, dass die Beteiligung an hausärztlich relevanter Forschung die Attraktivität der Hausarztpraxis für zukünftige Kolleginnen und Kollegen steigern kann. Dafür braucht es aber neben Vorbildern auch die entsprechenden Rahmenbedingungen.“
Moderation Podiumsdiskussion: Prof. Dr. Stefan Wilm (Universitätsklinikum Düsseldorf, HAFO.NRW) und Dr. Leonor Heinz ( Koordinierungsstelle DESAM-ForNet)
Bei der Podiumsdiskussion wurde u. a. lebhaft diskutiert wie Medizinische Fachangestellte (MFA), Medizinstudierende sowie Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung (ÄiW) durch Forschung für die hausärztliche Versorgung gewonnen werden können. Voraussetzung dafür: „Forschungsprojekte müssen eine hohe Relevanz für die Arbeit in der Praxis haben – das ist eine große Motivation“, so Prof. Marco Roos (Augsburg, BayFoNet). Versorgung, Forschung und Lehre sind „ein Dreiklang, der zusammengehört“, betonte Dr. Markus Krause (Jena, RESPoNsE). „Die Zeit, in der Forschung fast ausschließlich ein Thema der Universitätskliniken war, ist vorbei – immer mehr Kolleginnen und Kollegen sehen die Bedeutung für eine gelingende Primärversorgung“, so Prof Jutta Bleidorn (Jena, RESPoNsE).
Die Patientenversorgung untersuchen und verbessern, parallel berufliche Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten erweitern: „Praxen, die in der Forschung aktiv sind, haben gute Karten, Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung zu gewinnen“, sagte Olaf Tkotsch (Leiter des Bereichs Weiterbildung bei der Ärztekammer Nordrhein) – und sprach sich dafür aus, dass Ärztekammern Forschung als Weiterbildungszeit anerkennen.
Doch auch Medizinstudierende erschließen sich – beispielsweise im Rahmen ihrer Promotionsarbeit – hausärztliche Forschungspraxen als Ort des wissenschaftlichen Arbeitens und der zukünftigen beruflichen Perspektive. Dabei stand beim Forschungssymposium die Teampraxis im Fokus: „Wer in der Praxis forschen will, braucht Zeit und ein kompetentes Team“, sagte Prof. Bernhard Hemming (Düsseldorf).
Die unverzichtbare Rolle der MFA stellten Sabine Weißbach (Bochum, HAFO.NRW) sowie Hannelore König (Verband der medizinischen Fachberufe, vmf) dar. Die anstehende Novellierung der MFA-Ausbildungsordnung macht Hoffnung, dass neben Datenschutz und Datensicherheit zukünftig auch Datennutzung, Forschung und evidenzbasierte Medizin schon in der MFA-Ausbildung durch die Ärztekammern zumindest angesprochen werden. Wenn interessierte MFA zukünftig die Möglichkeit erhalten, durch Weiterqualifizierung eine tragende Rolle in der hausärztlichen Forschung zu erhalten, stärkt das die Bindung an den Arbeitsplatz Hausarztpraxis. Auch der Ausbau von Delegationsmodellen stärkt die Rolle der MFA: „In dem Moment, in dem ich mehr delegieren kann, habe ich mehr Luft für die Patienten und für die Forschung“, so Elke Cremer (Hausärzteverband Nordrhein). Eine solide Finanzierung ist hier unerlässlich.
Dass die hausärztlichen Praxen sich aktuell massiven Herausforderungen ausgesetzt sehen, wurde beim Symposium in Düsseldorf deutlich. Die mangelnde Finanzierung der hausärztlichen Versorgung bei zunehmendem Fachkräftemangel, steigenden Kosten und steigender Inanspruchnahme durch die Patientinnen und Patienten lässt akademische Forschung wie eine verzichtbare Zusatzaktivität erscheinen.
Doch gerade ein Gesundheitssystem im Umbruch braucht Forschung, um informierte Entscheidungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger treffen zu können – nicht nur in Bezug auf medizinische Interventionen, sondern auch auf Behandlungs- und Versorgungsprozesse. „Die Forschung muss sich auch auf die intelligente Patientensteuerung beziehen“, so Dr. Carsten König (KV Nordrhein). Dass die Bereitschaft groß ist, dysfunktionale Strukturen im Gesundheitswesen zu überwinden, um eine bessere Patientenversorgung und bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen, war beim DESAM-ForNet Forschungssymposium beim Forschungspraxennetz HAFO.NRW in Düsseldorf deutlich spürbar. Wissenschaft und Forschung sind die dafür erforderlichen Werkzeuge und damit eine gute Investition – denn blinder Aktionismus kostet mehr, als dass guter Rat teuer ist.
Angesichts der angespannten Haushaltslage ist die Frage, ob sich diese Erkenntnis durchsetzen wird – zumindest zeigte sich Dr. Karin Richter (Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW) überzeugt: „Wir brauchen mehr Lehr- und Forschungspraxen – es ist wichtig, Forschungsprojekte breit in den Hausarztpraxen zu verankern.“